Elfenstern by Margaret Weis; Tracy Hickman

Elfenstern by Margaret Weis; Tracy Hickman

Autor:Margaret Weis; Tracy Hickman
Format: mobi
ISBN: 9783404282012
Herausgeber: Bastei Lübbe
veröffentlicht: 2009-07-16T12:53:09+00:00


… In seinem neunzehnten Jahr im Labyrinth traf Haplo die Frau. Sie war ein Läufer wie er und ungefähr im selben Alter. Auch ihr Ziel war dasselbe – zu entkommen. Sie fanden Gefallen aneinander und setzten den Weg gemeinsam fort. Liebe ist im Labyrinth zwar nicht unbekannt, doch sie wird geleugnet. Lust ist akzeptabel – die Notwendigkeit, Kinder in die Welt zu setzen, um gegen das Labyrinth zu kämpfen. Bei Tag zogen die beiden weiter, auf der Suche nach dem nächsten Tor. Bei Nacht fanden sich ihre tätowierten Körper zu leidenschaftlicher Umarmung.

Eines Tages trafen sie auf eine Gruppe von Siedlern – diejenigen Bewohner des Labyrinths, die sich zu Horden zusammenschließen, langsam von Ort zu Ort ziehen und die Zivilisation repräsentieren, soweit in jenem höllischen Gefängnis überhaupt von Zivilisation die Rede sein kann. Wie es Sitte war, brachten Haplo und seine Gefährtin ein Geschenk an Fleisch mit, und dafür boten die Siedler ihnen Unterkunft in ihren primitiven Behausungen an.

Von seinem Platz am Feuer sah Haplo zu, wie die Frau mit den Kindern spielte. Die Frau war grazil und schön. Ihr dichtes, braunes Haar fiel über straffe, runde Brüste, tätowiert mit den Runen, die sowohl Waffe als auch Schild waren. Der Säugling auf ihren Armen war in gleicher Weise tätowiert, wie jedes Kind vom Tag der Geburt an. Sie blickte zu Haplo auf, und etwas Geheimnisvolles geschah mit ihnen. Sein Puls jagte. »Komm«, flüsterte er und kniete neben ihr nieder, »laß uns in die Hütte gehen.«

»Nein«, antwortete sie lächelnd und betrachtete ihn durch den Schleier ihrer seidigen Haare. »Es ist noch zu früh. Unsere Gastgeber wären beleidigt.«

»Zum Teufel mit unseren Gastgebern!« Haplo sehnte sich danach, sie in den Armen zu halten, sich in ihrer Wärme und der süßen Dunkelheit zu verlieren.

Sie tat, als wäre er nicht da, sang dem Kind Lieder vor und ließ ihn den ganzen restlichen Abend leiden, bis er lichterloh in Flammen stand. Als sie sich endlich in die Abgeschiedenheit der Hütte zurückzogen, gab es für sie beide in jener Nacht keinen Schlaf.

»Hättest du gerne ein Kind?« fragte sie in einer der ruhigen Phasen der Erschöpfung.

»Was soll das heißen?« Er betrachtete sie mit gespannter, hungriger Erwartung.

»Nichts. Nur … würde es dir gefallen? Du müßtest dieses Leben aufgeben und ein Siedler werden, weißt du.«

»Nicht unbedingt. Meine Eltern waren Läufer und hatten trotzdem ein Kind – mich.«

Haplo sah seine Eltern tot am Boden liegen, in Stücke gehackt. Sie hatten ihn bewußtlos geschlagen, damit er das Grauen nicht sah, damit er nicht schrie und sich verriet.

Am nächsten Morgen gab es Neuigkeiten – weiter vorn hatte sich offenbar ein Tor geöffnet. Es bestand trotzdem noch Gefahr, doch jedes Tor, das sie durchschritten, bedeutete einen weiteren Schritt auf dem Weg in die Freiheit, einen weiteren Schritt auf dem Weg zum sicheren Hafen des Nexus, von dem so viele Gerüchte erzählten. Haplo und seine Gefährtin verließen das Dorf der Siedler.

Sie bahnten sich vorsichtig, wachsam einen Weg durch das wuchernde Unterholz des Waldes. Beide waren erfahrene Kämpfer, und sie verstanden die Anzeichen zu deuten: den Geruch und das Prickeln der Runen auf ihrer Haut.



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